Schreiben ist für mich Lebensrettung. Und dass es diese Fähigkeit besitzt, hat es an mir mehrfach bewiesen. Mit der Schulzeit kamen die Buchstaben, die schlechte Schönschrift, das Umlernen auf die andere Hand, weil Tinte verwischen sich nicht gehörte. Es kamen aber auch die Geschichten. Die Tagebücher. Der Trost. Die Deutschlehrerin. Die Gedichte. Der Fantasieroman, der seit 34 Jahren in Schachteln darauf wartet, zuende geschrieben zu werden.
Die schnell unleserlichen Notizen, die ausgelassenen Buchstaben. Das wiederholende Gejammer in Abschiedsbriefen. Die lange Pause an den Schreibgeräten. Die verlorene Lust. Die Verausgabung an Werbetexte. Die Sinnlosigkeit des eigenen Gedankens. Die wütende Schreibhand. Das 10-Fingersystem. Die Löschtastatur.
Die Morgenseiten, die Nachtgebete.
Hier schreibe ich. Alexandra Abbrederis. Mit meinem Nachnamen war ich fast immer die erste auf der Anwesenheitsliste. Abbrederis mit “Doppel B.” Aufgrund des Alphabetes meistens die Erste zu sein hat mich definitiv geprägt. Eine zeitlang hing ein Simpson dran. Ich wollte herausfinden wie es ist, einen Doppelnamen zu tragen. Das war jedoch nicht der einzige Grund, weshalb ich heiratete.
Als ich zum ersten Mal wusste, dass ich bald sterben könnte, schrieb ich mein erstes Buch. Es ging gut aus.
Dann wäre ich fast noch einmal gestorben. Diesmal aß ich viel Toast mit Honig. Es ging auch gut aus. Manche sagen, ich sollte ein Buch darüber schreiben.
Im Juni 2020 schreibe ich eine Postkarte an meine Deutschlehrerin. Ich weiß nicht, ob sie angekommen ist.